Gespräch mit der Gleichförmigkeit
zum Film Circle Phases
Der Kreis in der Kunst der Minimal Art der 1960er Jahre ist eine beliebtes geometrische Form. Im Film Circle Phases repräsentiert der mit Kohlestift gezogener Kreis das eintaktige Thema aus Steve Reichs Komposition Violin Phase. Die gleichförmige, in sich geschlossene Form „hörte“ ich aus dem wiederkehrenden Musikthema heraus.
Für den Film ziehe ich einen Kreis mit der Hand auf dem Zeichenpapier, zerteile ihn in 12 einzelne Phasen, in denen er sich immer wieder neu aufbaut, dem Tempo der Musik folgend. Aus Zufall nahm ich mit der zeitaufwändigen Animation die sich kontinuierlich änderten Lichtverhältnisse während des Drehs auf (zwischen Oktober bis Dezember 2017). Grelle Sonnenflecken oder dämmrige Blauschleier in einbrechender Dunkelheit; die Tagesstimmungen schreiben sich ins Bild ein wie der Kohlestift aufs Papier. Irgendwann reißt das Papier durch die immer wiederkehrende Bearbeitung auf. Dahinter wird der Arbeitstisch sichtbar.
Die Animation verzichtet bewusst darauf, die gespielte Musik präzise zu begleiten. Die Verschiebungen, die zwischen Musik und Bild auftreten, betonen den Anspruch dieser komplexen Musik: der technischen Fähigkeit des Musikers werden auskomponierte Räume für freie Gestaltung der Tempi entgegengesetzt. Dann „flirrt“ der musikalische Raum, bevor sich die Stimmen neu zueinander ordnen.
So wie die Musiker sich immer wieder zusammenfinden, so finden auch die Bilder immer zurück zur Musik. Diese Spannungen machen für mich den Reiz des Stückes aus. Es wird bestimmt von einer pendelartigen Bewegung der vier Stimmen zwischen dem Spiel des Einzelnen und dem Zusammenspiel.
Reichs Musik scheint mir wie ein Ringen um seine Position zwischen Technik und menschlichem Handeln. Wie seine Komposition ist auch der Film so etwas wie ein Gespräch mit der Gleichförmigkeit technischer Perfektion.
Lara Faroqhi, Januar 2018
Credits
Circle PhasesRegie: Lara Faroqhi
Land: Deutschland, 2018Video HD, Format: 1:1,66, Auflösung: 1920 x 1080 / Farbe, Ton, Dauer: 10,12 Min. / Bilder pro Sekunde: 7
Titel
Circle Phases von Lara Faroqhi nach “Violin Phase” (1967) von Steve Reich
Dieser Film wurde entwickelt und aufgeführt für ein Konzert am 25. Januar 2018 im Ehemaligen Stummfilmkino Delphi
Aufnahme: Tonmitschnitt der Aufführung
Einspielung: Stipendiaten der Orchesterakademie und Mitglieder des Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Steffen Tast
© Lara Faroqhi
Gespräch mit der Gleichförmigkeit
zum Film Circle Phases
Der Kreis in der Kunst der Minimal Art der 1960er Jahre ist eine beliebtes geometrische Form. Im Film Circle Phases repräsentiert der mit Kohlestift gezogener Kreis das eintaktige Thema aus Steve Reichs Komposition Violin Phase. Die gleichförmige, in sich geschlossene Form „hörte“ ich aus dem wiederkehrenden Musikthema heraus.
Für den Film ziehe ich einen Kreis mit der Hand auf dem Zeichenpapier, zerteile ihn in 12 einzelne Phasen, in denen er sich immer wieder neu aufbaut, dem Tempo der Musik folgend. Aus Zufall nahm ich mit der zeitaufwändigen Animation die sich kontinuierlich änderten Lichtverhältnisse während des Drehs auf (zwischen Oktober bis Dezember 2017). Grelle Sonnenflecken oder dämmrige Blauschleier in einbrechender Dunkelheit; die Tagesstimmungen schreiben sich ins Bild ein wie der Kohlestift aufs Papier. Irgendwann reißt das Papier durch die immer wiederkehrende Bearbeitung auf. Dahinter wird der Arbeitstisch sichtbar.
Die Animation verzichtet bewusst darauf, die gespielte Musik präzise zu begleiten. Die Verschiebungen, die zwischen Musik und Bild auftreten, betonen den Anspruch dieser komplexen Musik: der technischen Fähigkeit des Musikers werden auskomponierte Räume für freie Gestaltung der Tempi entgegengesetzt. Dann „flirrt“ der musikalische Raum, bevor sich die Stimmen neu zueinander ordnen.
So wie die Musiker sich immer wieder zusammenfinden, so finden auch die Bilder immer zurück zur Musik. Diese Spannungen machen für mich den Reiz des Stückes aus. Es wird bestimmt von einer pendelartigen Bewegung der vier Stimmen zwischen dem Spiel des Einzelnen und dem Zusammenspiel.
Reichs Musik scheint mir wie ein Ringen um seine Position zwischen Technik und menschlichem Handeln. Wie seine Komposition ist auch der Film so etwas wie ein Gespräch mit der Gleichförmigkeit technischer Perfektion.
Lara Faroqhi, Januar 2018
Credits
Circle PhasesRegie: Lara Faroqhi
Land: Deutschland, 2018Video HD, Format: 1:1,66, Auflösung: 1920 x 1080 / Farbe, Ton, Dauer: 10,12 Min. / Bilder pro Sekunde: 7
Titel
Circle Phases von Lara Faroqhi nach “Violin Phase” (1967) von Steve Reich
Dieser Film wurde entwickelt und aufgeführt für ein Konzert am 25. Januar 2018 im Ehemaligen Stummfilmkino Delphi
Aufnahme: Tonmitschnitt der Aufführung
Einspielung: Stipendiaten der Orchesterakademie und Mitglieder des Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Steffen Tast
© Lara Faroqhi
Gespräch mit der Gleichförmigkeit
zum Film Circle Phases
Der Kreis in der Kunst der Minimal Art der 1960er Jahre ist eine beliebtes geometrische Form. Im Film Circle Phases repräsentiert der mit Kohlestift gezogener Kreis das eintaktige Thema aus Steve Reichs Komposition Violin Phase. Die gleichförmige, in sich geschlossene Form „hörte“ ich aus dem wiederkehrenden Musikthema heraus.
Für den Film ziehe ich einen Kreis mit der Hand auf dem Zeichenpapier, zerteile ihn in 12 einzelne Phasen, in denen er sich immer wieder neu aufbaut, dem Tempo der Musik folgend. Aus Zufall nahm ich mit der zeitaufwändigen Animation die sich kontinuierlich änderten Lichtverhältnisse während des Drehs auf (zwischen Oktober bis Dezember 2017). Grelle Sonnenflecken oder dämmrige Blauschleier in einbrechender Dunkelheit; die Tagesstimmungen schreiben sich ins Bild ein wie der Kohlestift aufs Papier. Irgendwann reißt das Papier durch die immer wiederkehrende Bearbeitung auf. Dahinter wird der Arbeitstisch sichtbar.
Die Animation verzichtet bewusst darauf, die gespielte Musik präzise zu begleiten. Die Verschiebungen, die zwischen Musik und Bild auftreten, betonen den Anspruch dieser komplexen Musik: der technischen Fähigkeit des Musikers werden auskomponierte Räume für freie Gestaltung der Tempi entgegengesetzt. Dann „flirrt“ der musikalische Raum, bevor sich die Stimmen neu zueinander ordnen.
So wie die Musiker sich immer wieder zusammenfinden, so finden auch die Bilder immer zurück zur Musik. Diese Spannungen machen für mich den Reiz des Stückes aus. Es wird bestimmt von einer pendelartigen Bewegung der vier Stimmen zwischen dem Spiel des Einzelnen und dem Zusammenspiel.
Reichs Musik scheint mir wie ein Ringen um seine Position zwischen Technik und menschlichem Handeln. Wie seine Komposition ist auch der Film so etwas wie ein Gespräch mit der Gleichförmigkeit technischer Perfektion.
Lara Faroqhi, Januar 2018
Credits
Circle PhasesRegie: Lara Faroqhi
Land: Deutschland, 2018Video HD, Format: 1:1,66, Auflösung: 1920 x 1080 / Farbe, Ton, Dauer: 10,12 Min. / Bilder pro Sekunde: 7
Titel
Circle Phases von Lara Faroqhi nach “Violin Phase” (1967) von Steve Reich
Dieser Film wurde entwickelt und aufgeführt für ein Konzert am 25. Januar 2018 im Ehemaligen Stummfilmkino Delphi
Aufnahme: Tonmitschnitt der Aufführung
Einspielung: Stipendiaten der Orchesterakademie und Mitglieder des Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Steffen Tast
© Lara Faroqhi
Die Durchmessung des Raums
Zum Film Contrapunctus XI
„Die Kunst der Fuge“ ist J. S. Bachs letztes Werk, geschrieben in den 1740er Jahren. Er konnte es nicht mehr vollenden. So blieb das Stück ein Fragment. Allerdings ein hochgradig ausformuliertes, was den Reiz des komplexen Stückes sicher erhöht.
Bach komponiert darin Fugen aus, er stellt in sich stimmige musikalische Figuren und Segmente vor, die kanonartig mit weiteren Stimmen in Bezug gesetzt werden. Aber noch mehr geschieht: Bach spielt mit diesen musikalischen Einfällen; er spiegelt sie, dehnt sie, zerstückelt sie, nimmt kleinste Elemente der ersten Figur wieder auf, führt sie weiter, kehrt zum Anfang zurück, findet neue Figuren.
Die Filme Contrapunctus I und Contrapunctus XI zeigen nicht die vier Musiker beim Spielen dieser komplexen Musik. Im Film geschieht genau das Gegenteil: die Musiker musizieren nur theoretisch, ihre Hände agieren losgelöst von ihrem Instrument. Die Handlung des Musizierens dieser Fuge tritt in den Vordergrund.
Lara Faroqhi, April 2019
Text veröffentlicht im Katalog „Zum Zufall – Schriftenreihe Band 6“, 2019, Willms Neuhaus Stiftung – Zufall und Gestaltung anlässlich der Ausstellung Fragment in der Guardini Galerie
Die Durchmessung des Raums
Zum Film Contrapunctus XI
„Die Kunst der Fuge“ ist J. S. Bachs letztes Werk, geschrieben in den 1740er Jahren. Er konnte es nicht mehr vollenden. So blieb das Stück ein Fragment. Allerdings ein hochgradig ausformuliertes, was den Reiz des komplexen Stückes sicher erhöht.
Bach komponiert darin Fugen aus, er stellt in sich stimmige musikalische Figuren und Segmente vor, die kanonartig mit weiteren Stimmen in Bezug gesetzt werden. Aber noch mehr geschieht: Bach spielt mit diesen musikalischen Einfällen; er spiegelt sie, dehnt sie, zerstückelt sie, nimmt kleinste Elemente der ersten Figur wieder auf, führt sie weiter, kehrt zum Anfang zurück, findet neue Figuren.
Die Filme Contrapunctus I und Contrapunctus XI zeigen nicht die vier Musiker beim Spielen dieser komplexen Musik. Im Film geschieht genau das Gegenteil: die Musiker musizieren nur theoretisch, ihre Hände agieren losgelöst von ihrem Instrument. Die Handlung des Musizierens dieser Fuge tritt in den Vordergrund.
Lara Faroqhi, April 2019
Text veröffentlicht im Katalog „Zum Zufall – Schriftenreihe Band 6“, 2019, Willms Neuhaus Stiftung – Zufall und Gestaltung anlässlich der Ausstellung Fragment in der Guardini Galerie
Die Durchmessung des Raums
Zum Film Contrapunctus XI
„Die Kunst der Fuge“ ist J. S. Bachs letztes Werk, geschrieben in den 1740er Jahren. Er konnte es nicht mehr vollenden. So blieb das Stück ein Fragment. Allerdings ein hochgradig ausformuliertes, was den Reiz des komplexen Stückes sicher erhöht.
Bach komponiert darin Fugen aus, er stellt in sich stimmige musikalische Figuren und Segmente vor, die kanonartig mit weiteren Stimmen in Bezug gesetzt werden. Aber noch mehr geschieht: Bach spielt mit diesen musikalischen Einfällen; er spiegelt sie, dehnt sie, zerstückelt sie, nimmt kleinste Elemente der ersten Figur wieder auf, führt sie weiter, kehrt zum Anfang zurück, findet neue Figuren.
Die Filme Contrapunctus I und Contrapunctus XI zeigen nicht die vier Musiker beim Spielen dieser komplexen Musik. Im Film geschieht genau das Gegenteil: die Musiker musizieren nur theoretisch, ihre Hände agieren losgelöst von ihrem Instrument. Die Handlung des Musizierens dieser Fuge tritt in den Vordergrund.
Lara Faroqhi, April 2019
Text veröffentlicht im Katalog „Zum Zufall – Schriftenreihe Band 6“, 2019, Willms Neuhaus Stiftung – Zufall und Gestaltung anlässlich der Ausstellung Fragment in der Guardini Galerie
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Die geometrischen Endlosmuster der Islamische Kunst sind variationsreiche ineinander verflochtene, mathematische Ornamentgruppen. Es sind sich spiegelnde, sich wiederholende und sternförmig sich rotierende geometrische Muster, die in die Unendlichkeit fortgesetzt gedacht werden können; je nach Maßstab wirken sie mal detailiert, mal monumental. In der Arbeit Alignment 2 stehen sie für ein perfektes, göttliches Ganzes. Dieses Prinzip allerdings wird gestört durch Überlappungen und Überdruckungen, durch wiederholte Überzeichnung der „fehlerhaften“ Bruchstücke bis ein dichtes Liniencluster entsteht, Unruhe wird verdichtet. Darunter liegen, gleich einem anhaltenden Monolog, Textpassagen aus Susan Sonntags Buch „On Illness as Methaphor“, in dem sie zwei tödliche Krankheiten, Krebs und Tuberkulose, zu entmystifizieren sucht. Auch dies eine genaue Betrachtung eines gestörten Ganzen. Paradoxerweise liegt gerade darin die Hoffnung, Zerstörung zu bannen.
Lara Faroqhi, November 2015
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Die geometrischen Endlosmuster der Islamische Kunst sind variationsreiche ineinander verflochtene, mathematische Ornamentgruppen. Es sind sich spiegelnde, sich wiederholende und sternförmig sich rotierende geometrische Muster, die in die Unendlichkeit fortgesetzt gedacht werden können; je nach Maßstab wirken sie mal detailiert, mal monumental. In der Arbeit Alignment 2 stehen sie für ein perfektes, göttliches Ganzes. Dieses Prinzip allerdings wird gestört durch Überlappungen und Überdruckungen, durch wiederholte Überzeichnung der „fehlerhaften“ Bruchstücke bis ein dichtes Liniencluster entsteht, Unruhe wird verdichtet. Darunter liegen, gleich einem anhaltenden Monolog, Textpassagen aus Susan Sonntags Buch „On Illness as Methaphor“, in dem sie zwei tödliche Krankheiten, Krebs und Tuberkulose, zu entmystifizieren sucht. Auch dies eine genaue Betrachtung eines gestörten Ganzen. Paradoxerweise liegt gerade darin die Hoffnung, Zerstörung zu bannen.
Lara Faroqhi, November 2015
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Die geometrischen Endlosmuster der Islamische Kunst sind variationsreiche ineinander verflochtene, mathematische Ornamentgruppen. Es sind sich spiegelnde, sich wiederholende und sternförmig sich rotierende geometrische Muster, die in die Unendlichkeit fortgesetzt gedacht werden können; je nach Maßstab wirken sie mal detailiert, mal monumental. In der Arbeit Alignment 2 stehen sie für ein perfektes, göttliches Ganzes. Dieses Prinzip allerdings wird gestört durch Überlappungen und Überdruckungen, durch wiederholte Überzeichnung der „fehlerhaften“ Bruchstücke bis ein dichtes Liniencluster entsteht, Unruhe wird verdichtet. Darunter liegen, gleich einem anhaltenden Monolog, Textpassagen aus Susan Sonntags Buch „On Illness as Methaphor“, in dem sie zwei tödliche Krankheiten, Krebs und Tuberkulose, zu entmystifizieren sucht. Auch dies eine genaue Betrachtung eines gestörten Ganzen. Paradoxerweise liegt gerade darin die Hoffnung, Zerstörung zu bannen.
Lara Faroqhi, November 2015
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Die geometrischen Endlosmuster der Islamische Kunst sind variationsreiche ineinander verflochtene, mathematische Ornamentgruppen. Es sind sich spiegelnde, sich wiederholende und sternförmig sich rotierende geometrische Muster, die in die Unendlichkeit fortgesetzt gedacht werden können; je nach Maßstab wirken sie mal detailiert, mal monumental. In der Arbeit Alignment 2 stehen sie für ein perfektes, göttliches Ganzes. Dieses Prinzip allerdings wird gestört durch Überlappungen und Überdruckungen, durch wiederholte Überzeichnung der „fehlerhaften“ Bruchstücke bis ein dichtes Liniencluster entsteht, Unruhe wird verdichtet. Darunter liegen, gleich einem anhaltenden Monolog, Textpassagen aus Susan Sonntags Buch „On Illness as Methaphor“, in dem sie zwei tödliche Krankheiten, Krebs und Tuberkulose, zu entmystifizieren sucht. Auch dies eine genaue Betrachtung eines gestörten Ganzen. Paradoxerweise liegt gerade darin die Hoffnung, Zerstörung zu bannen.
Lara Faroqhi, November 2015
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Die geometrischen Endlosmuster der Islamische Kunst sind variationsreiche ineinander verflochtene, mathematische Ornamentgruppen. Es sind sich spiegelnde, sich wiederholende und sternförmig sich rotierende geometrische Muster, die in die Unendlichkeit fortgesetzt gedacht werden können; je nach Maßstab wirken sie mal detailiert, mal monumental. In der Arbeit Alignment 2 stehen sie für ein perfektes, göttliches Ganzes. Dieses Prinzip allerdings wird gestört durch Überlappungen und Überdruckungen, durch wiederholte Überzeichnung der „fehlerhaften“ Bruchstücke bis ein dichtes Liniencluster entsteht, Unruhe wird verdichtet. Darunter liegen, gleich einem anhaltenden Monolog, Textpassagen aus Susan Sonntags Buch „On Illness as Methaphor“, in dem sie zwei tödliche Krankheiten, Krebs und Tuberkulose, zu entmystifizieren sucht. Auch dies eine genaue Betrachtung eines gestörten Ganzen. Paradoxerweise liegt gerade darin die Hoffnung, Zerstörung zu bannen.
Lara Faroqhi, November 2015
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Die geometrischen Endlosmuster der Islamische Kunst sind variationsreiche ineinander verflochtene, mathematische Ornamentgruppen. Es sind sich spiegelnde, sich wiederholende und sternförmig sich rotierende geometrische Muster, die in die Unendlichkeit fortgesetzt gedacht werden können; je nach Maßstab wirken sie mal detailiert, mal monumental. In der Arbeit Alignment 2 stehen sie für ein perfektes, göttliches Ganzes. Dieses Prinzip allerdings wird gestört durch Überlappungen und Überdruckungen, durch wiederholte Überzeichnung der „fehlerhaften“ Bruchstücke bis ein dichtes Liniencluster entsteht, Unruhe wird verdichtet. Darunter liegen, gleich einem anhaltenden Monolog, Textpassagen aus Susan Sonntags Buch „On Illness as Methaphor“, in dem sie zwei tödliche Krankheiten, Krebs und Tuberkulose, zu entmystifizieren sucht. Auch dies eine genaue Betrachtung eines gestörten Ganzen. Paradoxerweise liegt gerade darin die Hoffnung, Zerstörung zu bannen.
Lara Faroqhi, November 2015
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Die geometrischen Endlosmuster der Islamische Kunst sind variationsreiche ineinander verflochtene, mathematische Ornamentgruppen. Es sind sich spiegelnde, sich wiederholende und sternförmig sich rotierende geometrische Muster, die in die Unendlichkeit fortgesetzt gedacht werden können; je nach Maßstab wirken sie mal detailiert, mal monumental. In der Arbeit Alignment 2 stehen sie für ein perfektes, göttliches Ganzes. Dieses Prinzip allerdings wird gestört durch Überlappungen und Überdruckungen, durch wiederholte Überzeichnung der „fehlerhaften“ Bruchstücke bis ein dichtes Liniencluster entsteht, Unruhe wird verdichtet. Darunter liegen, gleich einem anhaltenden Monolog, Textpassagen aus Susan Sonntags Buch „On Illness as Methaphor“, in dem sie zwei tödliche Krankheiten, Krebs und Tuberkulose, zu entmystifizieren sucht. Auch dies eine genaue Betrachtung eines gestörten Ganzen. Paradoxerweise liegt gerade darin die Hoffnung, Zerstörung zu bannen.
Lara Faroqhi, November 2015
Zeichnen, um nicht zu Vergessen
von Frizzi Krella
Eine zarte Wandzeichnung, weiß auf weiß, die Venylfolie noch nicht einmal einen Millimeter erhaben, der Schattenwurf eines Ornamentes wird zu Raum. Dies war für mich die erste Begegnung mit der Arbeit Trace von Lara Faroqhi. Die Kontur ist eine mit der Schere gezeichnete Schnittlinie, sie hinterließ Spuren und schrieb sich tief in mein Gedächtnis ein. Das machte mich neugierig, mich dem vielschichtigen und zutiefst sensiblen Werk der Künstlerin zu nähern. Denn auf subtile Weise verbinden sich in ihren Zeichnungen konzeptuelle Ideen und Gedanken zu inneren Bildern. Faroqhi zeichnet mit Bleistift und Tinte, Aquarellstift und Öl konzentrierte Gedankenlandschaften, filigrane und kraftvolle, leichte und dichte, abgelesen in der Natur und in der Erinnerung an sie, abgetastet, überarbeitet, verdichtet, korrigiert und wieder überschrieben. Es sind Zeichenlandschaften, die parallel zu ihrer eigenen Biografie wachsen.
2009 begann sie die ersten Umrissarbeiten. Zuerst waren es reale Bäume, die sie als Zweige in ihr Atelier holte, um die Umrisse der Schattenwürfe zeichnerisch abzunehmen. Heute arbeitet sie mit der Projektion digitaler Bilder, der bewußten Aufsplitterung von Bildinformationen.
In jedes Blatt schreibt sich der künstlerische Prozess ein, eine Schicht überlagert palimpsesthaft die nächste, wie ein Raster legt sie erste flächenfüllende Ordnungen von Formen eines Mikrokosmos an. In den Zeichnungen zur Esche oder Dispersion sind es die lichtdurchfluteten Leerstellen des doch vermeintlich dichten Blätterwerkes der Baumkronen, die Stellen, wo das Licht des Himmels hindurchdringt. Negativflächen werden zu Positivflächen, Leerstellen werden sichtbar und wechseln sich mit weißen Flächen auf dem Papier ab. Faroqhi notiert in zeitlichen Abständen die Stadien vom Aufbrechen der Knospen bis zur dichten Entfaltung der Blätter. Die Zwischenräume werden kleiner, verschwinden fast ganz, sind aber dennoch anwesend. Es ist, als wollte Faroqhi die Zeit verlangsamen, das bewegte Bild anhalten – um Dinge sichtbar zu machen, die sonst nicht offenbar würden. Sie zeichnet, um nicht zu vergessen.
In der Malerei ist es das Licht, das die Form hervorbringt, das Licht als der Anfang aller Formwerdung. Und gegenüber dem Licht steht der Schatten, die Reduzierung auf die Umrisse. Diese Linie trennt Schatten von Licht, Form von Nichtform.
Es entstehen Zeichnungen im Sinne einer Spurensetzung auf Papier, die befreit sind von der Funktion einer Abbildung eines außerhalb ihres selbst existierenden und wiedererkennbaren Gegenstandes.
Das zeichnerische Spiel von Faroqhi konfiguriert ein System ganz eigener Art von konzeptueller Struktur und freiem gestischen Zeichnen, ist ein Ausloten von Regeln mit den Möglichkeiten und Grenzen des zeichnerischen Mediums. Sinn und Sinnlichkeit werden Form.
August 2015
aus der Eigenpublikation Lara Faroqhi, 2015
Zeichnen, um nicht zu Vergessen
von Frizzi Krella
Eine zarte Wandzeichnung, weiß auf weiß, die Venylfolie noch nicht einmal einen Millimeter erhaben, der Schattenwurf eines Ornamentes wird zu Raum. Dies war für mich die erste Begegnung mit der Arbeit Trace von Lara Faroqhi. Die Kontur ist eine mit der Schere gezeichnete Schnittlinie, sie hinterließ Spuren und schrieb sich tief in mein Gedächtnis ein. Das machte mich neugierig, mich dem vielschichtigen und zutiefst sensiblen Werk der Künstlerin zu nähern. Denn auf subtile Weise verbinden sich in ihren Zeichnungen konzeptuelle Ideen und Gedanken zu inneren Bildern. Faroqhi zeichnet mit Bleistift und Tinte, Aquarellstift und Öl konzentrierte Gedankenlandschaften, filigrane und kraftvolle, leichte und dichte, abgelesen in der Natur und in der Erinnerung an sie, abgetastet, überarbeitet, verdichtet, korrigiert und wieder überschrieben. Es sind Zeichenlandschaften, die parallel zu ihrer eigenen Biografie wachsen.
2009 begann sie die ersten Umrissarbeiten. Zuerst waren es reale Bäume, die sie als Zweige in ihr Atelier holte, um die Umrisse der Schattenwürfe zeichnerisch abzunehmen. Heute arbeitet sie mit der Projektion digitaler Bilder, der bewußten Aufsplitterung von Bildinformationen.
In jedes Blatt schreibt sich der künstlerische Prozess ein, eine Schicht überlagert palimpsesthaft die nächste, wie ein Raster legt sie erste flächenfüllende Ordnungen von Formen eines Mikrokosmos an. In den Zeichnungen zur Esche oder Dispersion sind es die lichtdurchfluteten Leerstellen des doch vermeintlich dichten Blätterwerkes der Baumkronen, die Stellen, wo das Licht des Himmels hindurchdringt. Negativflächen werden zu Positivflächen, Leerstellen werden sichtbar und wechseln sich mit weißen Flächen auf dem Papier ab. Faroqhi notiert in zeitlichen Abständen die Stadien vom Aufbrechen der Knospen bis zur dichten Entfaltung der Blätter. Die Zwischenräume werden kleiner, verschwinden fast ganz, sind aber dennoch anwesend. Es ist, als wollte Faroqhi die Zeit verlangsamen, das bewegte Bild anhalten – um Dinge sichtbar zu machen, die sonst nicht offenbar würden. Sie zeichnet, um nicht zu vergessen.
In der Malerei ist es das Licht, das die Form hervorbringt, das Licht als der Anfang aller Formwerdung. Und gegenüber dem Licht steht der Schatten, die Reduzierung auf die Umrisse. Diese Linie trennt Schatten von Licht, Form von Nichtform.
Es entstehen Zeichnungen im Sinne einer Spurensetzung auf Papier, die befreit sind von der Funktion einer Abbildung eines außerhalb ihres selbst existierenden und wiedererkennbaren Gegenstandes.
Das zeichnerische Spiel von Faroqhi konfiguriert ein System ganz eigener Art von konzeptueller Struktur und freiem gestischen Zeichnen, ist ein Ausloten von Regeln mit den Möglichkeiten und Grenzen des zeichnerischen Mediums. Sinn und Sinnlichkeit werden Form.
August 2015
aus der Eigenpublikation Lara Faroqhi, 2015
Zeichnen, um nicht zu Vergessen
von Frizzi Krella
Eine zarte Wandzeichnung, weiß auf weiß, die Venylfolie noch nicht einmal einen Millimeter erhaben, der Schattenwurf eines Ornamentes wird zu Raum. Dies war für mich die erste Begegnung mit der Arbeit Trace von Lara Faroqhi. Die Kontur ist eine mit der Schere gezeichnete Schnittlinie, sie hinterließ Spuren und schrieb sich tief in mein Gedächtnis ein. Das machte mich neugierig, mich dem vielschichtigen und zutiefst sensiblen Werk der Künstlerin zu nähern. Denn auf subtile Weise verbinden sich in ihren Zeichnungen konzeptuelle Ideen und Gedanken zu inneren Bildern. Faroqhi zeichnet mit Bleistift und Tinte, Aquarellstift und Öl konzentrierte Gedankenlandschaften, filigrane und kraftvolle, leichte und dichte, abgelesen in der Natur und in der Erinnerung an sie, abgetastet, überarbeitet, verdichtet, korrigiert und wieder überschrieben. Es sind Zeichenlandschaften, die parallel zu ihrer eigenen Biografie wachsen.
2009 begann sie die ersten Umrissarbeiten. Zuerst waren es reale Bäume, die sie als Zweige in ihr Atelier holte, um die Umrisse der Schattenwürfe zeichnerisch abzunehmen. Heute arbeitet sie mit der Projektion digitaler Bilder, der bewußten Aufsplitterung von Bildinformationen.
In jedes Blatt schreibt sich der künstlerische Prozess ein, eine Schicht überlagert palimpsesthaft die nächste, wie ein Raster legt sie erste flächenfüllende Ordnungen von Formen eines Mikrokosmos an. In den Zeichnungen zur Esche oder Dispersion sind es die lichtdurchfluteten Leerstellen des doch vermeintlich dichten Blätterwerkes der Baumkronen, die Stellen, wo das Licht des Himmels hindurchdringt. Negativflächen werden zu Positivflächen, Leerstellen werden sichtbar und wechseln sich mit weißen Flächen auf dem Papier ab. Faroqhi notiert in zeitlichen Abständen die Stadien vom Aufbrechen der Knospen bis zur dichten Entfaltung der Blätter. Die Zwischenräume werden kleiner, verschwinden fast ganz, sind aber dennoch anwesend. Es ist, als wollte Faroqhi die Zeit verlangsamen, das bewegte Bild anhalten – um Dinge sichtbar zu machen, die sonst nicht offenbar würden. Sie zeichnet, um nicht zu vergessen.
In der Malerei ist es das Licht, das die Form hervorbringt, das Licht als der Anfang aller Formwerdung. Und gegenüber dem Licht steht der Schatten, die Reduzierung auf die Umrisse. Diese Linie trennt Schatten von Licht, Form von Nichtform.
Es entstehen Zeichnungen im Sinne einer Spurensetzung auf Papier, die befreit sind von der Funktion einer Abbildung eines außerhalb ihres selbst existierenden und wiedererkennbaren Gegenstandes.
Das zeichnerische Spiel von Faroqhi konfiguriert ein System ganz eigener Art von konzeptueller Struktur und freiem gestischen Zeichnen, ist ein Ausloten von Regeln mit den Möglichkeiten und Grenzen des zeichnerischen Mediums. Sinn und Sinnlichkeit werden Form.
August 2015
aus der Eigenpublikation Lara Faroqhi, 2015
Zeichnen, um nicht zu Vergessen
von Frizzi Krella
Eine zarte Wandzeichnung, weiß auf weiß, die Venylfolie noch nicht einmal einen Millimeter erhaben, der Schattenwurf eines Ornamentes wird zu Raum. Dies war für mich die erste Begegnung mit der Arbeit Trace von Lara Faroqhi. Die Kontur ist eine mit der Schere gezeichnete Schnittlinie, sie hinterließ Spuren und schrieb sich tief in mein Gedächtnis ein. Das machte mich neugierig, mich dem vielschichtigen und zutiefst sensiblen Werk der Künstlerin zu nähern. Denn auf subtile Weise verbinden sich in ihren Zeichnungen konzeptuelle Ideen und Gedanken zu inneren Bildern. Faroqhi zeichnet mit Bleistift und Tinte, Aquarellstift und Öl konzentrierte Gedankenlandschaften, filigrane und kraftvolle, leichte und dichte, abgelesen in der Natur und in der Erinnerung an sie, abgetastet, überarbeitet, verdichtet, korrigiert und wieder überschrieben. Es sind Zeichenlandschaften, die parallel zu ihrer eigenen Biografie wachsen.
2009 begann sie die ersten Umrissarbeiten. Zuerst waren es reale Bäume, die sie als Zweige in ihr Atelier holte, um die Umrisse der Schattenwürfe zeichnerisch abzunehmen. Heute arbeitet sie mit der Projektion digitaler Bilder, der bewußten Aufsplitterung von Bildinformationen.
In jedes Blatt schreibt sich der künstlerische Prozess ein, eine Schicht überlagert palimpsesthaft die nächste, wie ein Raster legt sie erste flächenfüllende Ordnungen von Formen eines Mikrokosmos an. In den Zeichnungen zur Esche oder Dispersion sind es die lichtdurchfluteten Leerstellen des doch vermeintlich dichten Blätterwerkes der Baumkronen, die Stellen, wo das Licht des Himmels hindurchdringt. Negativflächen werden zu Positivflächen, Leerstellen werden sichtbar und wechseln sich mit weißen Flächen auf dem Papier ab. Faroqhi notiert in zeitlichen Abständen die Stadien vom Aufbrechen der Knospen bis zur dichten Entfaltung der Blätter. Die Zwischenräume werden kleiner, verschwinden fast ganz, sind aber dennoch anwesend. Es ist, als wollte Faroqhi die Zeit verlangsamen, das bewegte Bild anhalten – um Dinge sichtbar zu machen, die sonst nicht offenbar würden. Sie zeichnet, um nicht zu vergessen.
In der Malerei ist es das Licht, das die Form hervorbringt, das Licht als der Anfang aller Formwerdung. Und gegenüber dem Licht steht der Schatten, die Reduzierung auf die Umrisse. Diese Linie trennt Schatten von Licht, Form von Nichtform.
Es entstehen Zeichnungen im Sinne einer Spurensetzung auf Papier, die befreit sind von der Funktion einer Abbildung eines außerhalb ihres selbst existierenden und wiedererkennbaren Gegenstandes.
Das zeichnerische Spiel von Faroqhi konfiguriert ein System ganz eigener Art von konzeptueller Struktur und freiem gestischen Zeichnen, ist ein Ausloten von Regeln mit den Möglichkeiten und Grenzen des zeichnerischen Mediums. Sinn und Sinnlichkeit werden Form.
August 2015
aus der Eigenpublikation Lara Faroqhi, 2015
Zeichnen, um nicht zu Vergessen
von Frizzi Krella
Eine zarte Wandzeichnung, weiß auf weiß, die Venylfolie noch nicht einmal einen Millimeter erhaben, der Schattenwurf eines Ornamentes wird zu Raum. Dies war für mich die erste Begegnung mit der Arbeit Trace von Lara Faroqhi. Die Kontur ist eine mit der Schere gezeichnete Schnittlinie, sie hinterließ Spuren und schrieb sich tief in mein Gedächtnis ein. Das machte mich neugierig, mich dem vielschichtigen und zutiefst sensiblen Werk der Künstlerin zu nähern. Denn auf subtile Weise verbinden sich in ihren Zeichnungen konzeptuelle Ideen und Gedanken zu inneren Bildern. Faroqhi zeichnet mit Bleistift und Tinte, Aquarellstift und Öl konzentrierte Gedankenlandschaften, filigrane und kraftvolle, leichte und dichte, abgelesen in der Natur und in der Erinnerung an sie, abgetastet, überarbeitet, verdichtet, korrigiert und wieder überschrieben. Es sind Zeichenlandschaften, die parallel zu ihrer eigenen Biografie wachsen.
2009 begann sie die ersten Umrissarbeiten. Zuerst waren es reale Bäume, die sie als Zweige in ihr Atelier holte, um die Umrisse der Schattenwürfe zeichnerisch abzunehmen. Heute arbeitet sie mit der Projektion digitaler Bilder, der bewußten Aufsplitterung von Bildinformationen.
In jedes Blatt schreibt sich der künstlerische Prozess ein, eine Schicht überlagert palimpsesthaft die nächste, wie ein Raster legt sie erste flächenfüllende Ordnungen von Formen eines Mikrokosmos an. In den Zeichnungen zur Esche oder Dispersion sind es die lichtdurchfluteten Leerstellen des doch vermeintlich dichten Blätterwerkes der Baumkronen, die Stellen, wo das Licht des Himmels hindurchdringt. Negativflächen werden zu Positivflächen, Leerstellen werden sichtbar und wechseln sich mit weißen Flächen auf dem Papier ab. Faroqhi notiert in zeitlichen Abständen die Stadien vom Aufbrechen der Knospen bis zur dichten Entfaltung der Blätter. Die Zwischenräume werden kleiner, verschwinden fast ganz, sind aber dennoch anwesend. Es ist, als wollte Faroqhi die Zeit verlangsamen, das bewegte Bild anhalten – um Dinge sichtbar zu machen, die sonst nicht offenbar würden. Sie zeichnet, um nicht zu vergessen.
In der Malerei ist es das Licht, das die Form hervorbringt, das Licht als der Anfang aller Formwerdung. Und gegenüber dem Licht steht der Schatten, die Reduzierung auf die Umrisse. Diese Linie trennt Schatten von Licht, Form von Nichtform.
Es entstehen Zeichnungen im Sinne einer Spurensetzung auf Papier, die befreit sind von der Funktion einer Abbildung eines außerhalb ihres selbst existierenden und wiedererkennbaren Gegenstandes.
Das zeichnerische Spiel von Faroqhi konfiguriert ein System ganz eigener Art von konzeptueller Struktur und freiem gestischen Zeichnen, ist ein Ausloten von Regeln mit den Möglichkeiten und Grenzen des zeichnerischen Mediums. Sinn und Sinnlichkeit werden Form.
August 2015
aus der Eigenpublikation Lara Faroqhi, 2015
Zeichnen, um nicht zu Vergessen
von Frizzi Krella
Eine zarte Wandzeichnung, weiß auf weiß, die Venylfolie noch nicht einmal einen Millimeter erhaben, der Schattenwurf eines Ornamentes wird zu Raum. Dies war für mich die erste Begegnung mit der Arbeit Trace von Lara Faroqhi. Die Kontur ist eine mit der Schere gezeichnete Schnittlinie, sie hinterließ Spuren und schrieb sich tief in mein Gedächtnis ein. Das machte mich neugierig, mich dem vielschichtigen und zutiefst sensiblen Werk der Künstlerin zu nähern. Denn auf subtile Weise verbinden sich in ihren Zeichnungen konzeptuelle Ideen und Gedanken zu inneren Bildern. Faroqhi zeichnet mit Bleistift und Tinte, Aquarellstift und Öl konzentrierte Gedankenlandschaften, filigrane und kraftvolle, leichte und dichte, abgelesen in der Natur und in der Erinnerung an sie, abgetastet, überarbeitet, verdichtet, korrigiert und wieder überschrieben. Es sind Zeichenlandschaften, die parallel zu ihrer eigenen Biografie wachsen.
2009 begann sie die ersten Umrissarbeiten. Zuerst waren es reale Bäume, die sie als Zweige in ihr Atelier holte, um die Umrisse der Schattenwürfe zeichnerisch abzunehmen. Heute arbeitet sie mit der Projektion digitaler Bilder, der bewußten Aufsplitterung von Bildinformationen.
In jedes Blatt schreibt sich der künstlerische Prozess ein, eine Schicht überlagert palimpsesthaft die nächste, wie ein Raster legt sie erste flächenfüllende Ordnungen von Formen eines Mikrokosmos an. In den Zeichnungen zur Esche oder Dispersion sind es die lichtdurchfluteten Leerstellen des doch vermeintlich dichten Blätterwerkes der Baumkronen, die Stellen, wo das Licht des Himmels hindurchdringt. Negativflächen werden zu Positivflächen, Leerstellen werden sichtbar und wechseln sich mit weißen Flächen auf dem Papier ab. Faroqhi notiert in zeitlichen Abständen die Stadien vom Aufbrechen der Knospen bis zur dichten Entfaltung der Blätter. Die Zwischenräume werden kleiner, verschwinden fast ganz, sind aber dennoch anwesend. Es ist, als wollte Faroqhi die Zeit verlangsamen, das bewegte Bild anhalten – um Dinge sichtbar zu machen, die sonst nicht offenbar würden. Sie zeichnet, um nicht zu vergessen.
In der Malerei ist es das Licht, das die Form hervorbringt, das Licht als der Anfang aller Formwerdung. Und gegenüber dem Licht steht der Schatten, die Reduzierung auf die Umrisse. Diese Linie trennt Schatten von Licht, Form von Nichtform.
Es entstehen Zeichnungen im Sinne einer Spurensetzung auf Papier, die befreit sind von der Funktion einer Abbildung eines außerhalb ihres selbst existierenden und wiedererkennbaren Gegenstandes.
Das zeichnerische Spiel von Faroqhi konfiguriert ein System ganz eigener Art von konzeptueller Struktur und freiem gestischen Zeichnen, ist ein Ausloten von Regeln mit den Möglichkeiten und Grenzen des zeichnerischen Mediums. Sinn und Sinnlichkeit werden Form.
August 2015
aus der Eigenpublikation Lara Faroqhi, 2015